Der Geschäftsführer, der kein Geld verdienen wollte

Vincent

Von

Vincent Fischer

Veröffentlicht am

14.7.2025

“Wenn alle Berechnungen zum Return on Investment (ROI) stimmen und alle angegebenen Amortisationszeiten tatsächlich so eintreten, hätten wir keine finanziellen Sorgen mehr.”
So oder so ähnlich konfrontierte mich der Senior Chef eines mittelständischen Familienunternehmens.

Autsch. Nicht das, was man hören will, während man neben dem internen Projektleiter als Berater eine ROI-Rechnung vorstellt.

Bis heute denke ich über das Gespräch nach, weil er mir sinngemäß erklärte: Projekte sollten immer mit einer optimistischen Grundhaltung angegangen werden. Das ist okay, denn dieser Optimismus inspiriert und motiviert uns, Veränderungen anzugehen.  

Allerdings überzeugt ihn das persönlich nicht. Er sah seine Rolle anders: Er wollte für Wertschöpfung Freiraum schaffen und hatte sich dem Ansatz verschrieben, gegen all das anzukämpfen, was mit Sicherheit von der Wertschöpfung abhält. Es war ihm wichtiger, "Quatsch zu verhindern" anstatt "die Return-Rosinen zu finden".

Er betonte, dass er kein Geld verdienen, sondern einfach keins verbrennen will.

Meiner Interpretation nach bedeutete das, dass er seine Rolle eher darin sah zu fragen:

  • Welche Regeln schleppen wir mit uns rum, die wir von Bord werfen können?
  • Wie können wir verhindern, interne Bürokratie aufzubauen?
  • Was können wir einfach sein lassen und die Kunden sind langfristig nicht unzufriedener?

Seinem Projektleiter gelang  es, ihn zu überzeugen, dass unsere vorgeschlagene Transformation zu einem interaktiven Managementsystem genau aus diesen Gründen in seinem Sinne sei:

  • Er würde viel Blindleistung abbauen, die bisher in das Erstellen und Aufbereiten von Dokumenten floss, welche weder Kunden bezahlten noch Mitarbeiter betrachteten.  
  • Er würde Transparenz gewinnen in den Abläufen seiner Organisation und so ein reales Abbild der betrieblichen Ablaufstrukturen erhalten, was ihm sonst durch das Dickicht seiner Führungsriege verdeckt bliebe.  
  • In Teilen wurde dieses Dickicht vielleicht auch (unter)bewusst erzeugt, um besitzstandswahrende Mechanismen, die nur noch aus Gründen der Befindlichkeiten existierten, zu verschleiern.
  • Er würde somit gezielt ein Werkzeug aufbauen, welches er nutzen kann, um präzise Ballast zu identifizieren und loszuwerden.(vgl. Das Managementsystem als Führungswerkzeug: Funktioniert das wirklich?)

Ein paar Jahre nach unserem Gespräch haben wir wieder gesprochen. Ich habe mich erkundigt, wie es läuft.  

Er freute sich ausdrücklich über den Anruf und erzählte begeistert, dass er nun "treffsicher innerbetriebliche Bürokratie abbauen kann" und dieser "Auditquatsch nun weniger nervenaufreibend sei". Die ganzen Prozesse zu beherrschen, sei auch “ein echter Vorteil, wenn wir neue Leute einarbeiten”.

Offenbar hat die Bürokratie Prävention, welche Transparenz oft erst  ermöglicht, einen Wert. Mindestens für ihn. Dieser Wert lässt sich nur schwer quantifizieren, aber er war happy und seiner Gewinn- und Verlustrechnung hat es sicher nicht geschadet.

Praktische Tipps zur Reduzierung von Bürokratie und Verbesserung der Effizienz

Um langfristig in deinem Unternehmen als Qualitäts- oder Prozessmanager Verwaltungskosten zu senken und die Effizienz zu steigern, kannst du einige bewährte Strategien anwenden:

  1. Einfacher Genehmigungsprozess: Anstatt auf die Zustimmung aller zu warten, können Entscheidungen schneller getroffen werden, indem nur bei Einwänden diskutiert wird.
  2. Ablaufdatum für Regeln: Alle neuen Regeln sollten regelmäßig überprüft werden und nur bestehen bleiben, wenn sie aktiv bestätigt werden.
  3. One in, One out: Für jede neue Regel sollte eine bestehende Regel abgeschafft oder zumindest zur Überprüfung vorgeschlagen werden.
  4. Kostenbewusste Regelung: Bei neuen Regeln oder Prozessen sollte man nicht nur den Nutzen sehen, sondern auch die Kosten und die Einbußen an Flexibilität berücksichtigen.
  5. Prozessanalyse mit Fokus auf Vereinfachung: Identifiziere regelmäßig Prozesse, die unnötige Komplexität mit sich bringen, und suche nach Möglichkeiten zur Vereinfachung. Ein Lean-Ansatz kann hierbei sehr hilfreich sein.
  6. Mitarbeiter einbeziehen: Fördere eine Kultur, in der Mitarbeiter dazu ermutigt werden, ineffiziente Prozesse zu melden und Vorschläge zur Verbesserung zu machen. Die besten Ideen kommen oft von denjenigen, die direkt in den Prozess eingebunden sind.
  7. Transparenz schaffen: Stelle sicher, dass alle Abteilungen Zugang zu den Informationen haben, die sie benötigen, um Ineffizienzen abbauen zu können. Dies reduziert nicht nur Missverständnisse, sondern fördert auch eine offene Kommunikation und Zusammenarbeit.

Welche Chancen könnten sich für euer Unternehmen eröffnen, wenn ihr den Mut findet, überflüssige Bürokratie abzubauen?

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