Carsten's Corner Folge 8: Wie baue ich ein High Performance QM-Team auf?

Dr. Carsten Behrens

Von

Dr. Carsten Behrens

Veröffentlicht am

21.2.2024

Carsten's Corner Folge 8: Wie baue ich ein High Performance QM-Team auf?

In der achten Folge von Carsten's Corner lädt Carsten Behrens dich auf eine inspirierende Reise in die Welt des Qualitätsmanagements mit Peter Auer als Wegweiser ein. Peter teilt seine Erkenntnisse darüber, wie man Teams zu Höchstleistungen motiviert und ein Qualitätsmanagement schafft, das echte Begeisterung weckt. Diese Episode ist eine wahre Schatzkiste für alle, die Qualitätsmanagement nicht nur als bürokratische Pflicht sehen wollen, sondern als lebendigen, kulturellen Kern ihres Unternehmens.

Peter zeigt, wie wichtig es ist, individuelle Stärken zu erkennen und zu nutzen, eine gemeinsame Vision zu entwickeln, die alle begeistert, und eine Führungskultur zu etablieren, die Sinn und Begeisterung vermittelt. Tauche ein in eine Welt, in der Qualitätsmanagement Menschen verbindet und inspiriert und entdecke, wie du schon morgen die ersten Schritte zu einer dynamischen, menschenzentrierten Qualitätskultur in deinem Unternehmen gehen kannst.

Show Notes

0:00 Intro

1:45 Was inspirierte die ungewöhnliche Begeisterung für Peters Vortrag beim Management Circle Qualität 2023?

3:15 Wie verbindet Peter das Herz-Kopf-Thema mit High Performance Teams?

4:26 Kannst du High Performance im gesamten Unternehmen aus dem Qualitätsmanagement heraus fördern, und wie?

9:39 Siehst du einen Unterschied zwischen Strategie und Qualitätsstrategie?

10:30 Ist eine Formalstruktur notwendig, oder reicht es, die Menschen zu motivieren?

13:06 Wie hast du Qualitätsmanagement bei Bora positioniert, und wie würdest du es in verschiedenen Unternehmenskontexten tun?

17:07 Wo positionierst du Qualitätssicherung im Verhältnis zum Qualitätsmanagement?

18:58 Welche Trends im Qualitätsmanagement beobachtest du insbesondere bezüglich Menschzentrierung?

21:19 Was ist der größte Hebel, um als Qualitätsmanager wirkungsvoller zu werden?

24:57 Abschluss und Dank an Peter Auer für das Gespräch.

Modell Aachen Insights auf Spotify

Ob knackige Inputs aus dem Qualitätskompass oder ausführliche Video-Interviews – unsere Modell Aachen Insights zu Managementsystemen, Qualitäts- & Prozessmanagement kannst du jetzt auch bequem unterwegs hören.

Jetzt auf Spotify abonnieren
Desktop and Mobile illustration


Vollständiges Transkript

Carsten Behrens

Ja, ein herzliches Willkommen zur nächsten Carstens Corner Folge und zwar heute mit Peter Auer. Peter Auer hatte mehrere Stationen im Qualitätsmanagement in der Pharmaindustrie, aber auch in der Automobilindustrie, bis er dann zu der Firma Bora kam und dort das Wachstum begleitete von 150 bis 900 Mitarbeitenden und dort extrem wirksames Qualitätsmanagement etabliert hat, was wenig formalistisch war, sondern sehr stark Menschen mitgerissen hat, wirklich zu Höchstleistung zu kommen und auch höchste Qualität zu produzieren, zu liefern. Und heute spreche ich mit ihm darüber, wie bekommt man so ein High-Performance-Team hin, wie positioniert man Qualitätsmanagement so, dass man diese Wirksamkeit und diese Akzeptanz bekommt. Und wie kann man das kleinschrittig angehen, wenn man heute noch nicht da steht und den ersten Schritt in diese Richtung gehen möchte. Ich freue mich drauf.

Carsten Behrens

Ja, schön, Peter, dass du heute den Weg in den Westen Deutschlands gefunden hast, ganz aus dem Süden. Du hast ja eine ganz interessante Geschichte hinter dir. Du warst lange Zeit bei Bora im Qualitätsmanagement und hast da sehr viel aufgebaut, sehr viel bewegt. Das ist, glaube ich, so deine prägendste Zeit gewesen zu dem Thema, was wir heute besprechen werden.

Peter Auer

Auf jeden Fall.

Carsten Behrens

Und ich habe dich kennengelernt letztes Jahr beim Management Circle bei der Qualität 2023. Da hast du referiert. über ein spannendes Thema und das sorgte dann dafür, dass du nach deinem Vortrag so eine Traubenbildung um dich herum hattest, die Menschen zu dir kamen und mehr wissen wollten. Und das ist jetzt nicht immer üblich im Qualitätsmanagement, sage ich mal, dass das so viel Begeisterung bewirkt, dass es Traubenbildung gibt. Worüber hast du da gesprochen? Irgendwas war da richtig?

Peter Auer

Ja, also ich war selbst überrascht, dass das so passiert ist und ich habe im Nachgang reflektiert, warum das so gewesen sein kann. Und wie du schon angesprochen hast, ich habe bei BORA das Qualitätsmanagement aufgebaut und entwickelt. Und das Spannende dabei für die Leute war, ich habe darüber erzählt, wie ich das gemacht habe, und ich habe nicht nur über die Strukturarbeit, über die Strategiearbeit, über die klassischen Themen gesprochen, sondern ich habe das System kombiniert mit dem System Menschen. Für mich war das von Anfang an klar, ich war recht lange im Vorfeld schon im Qualitätsmanagement.

Manchmal funktioniert ein System gut, manchmal nicht und die wesentlichen Unterschiede zwischen gut und nicht funktionieren liegt bei mir am Individuum Mensch und das habe ich sehr stark von Anfang an betrachtet in dieser ganzen Entwicklung des QM bei Bora und das hat die Leute, glaube ich, angezogen. Das war etwas unüblich, so betrachtet das nicht unbedingt jeder. Und diese Balance zwischen Herz und Kopf, wo das Ganze dann entstanden ist, hat die Leute angesprochen, so wurde es mir im Nachgang gesagt.

Carsten Behrens

Ja, sehr schön, cool. Du kommst relativ häufig an dem Thema High-Performance-Teams vorbei.

Hängt das irgendwie zusammen, dieses Herz-Kopf-Thema und High-Performance-Teams? Ist das für dich so ein Themenfeld?

Peter Auer

Ja, finde ich schon. Also essentiell ist ja, dass das Team quasi unter Anführungszeichen gut funktioniert. Aber was bedeutet gut funktionieren? Für mich bedeutet das einerseits, dass eine lange Leistung, eine gute Leistung, lang aufrechterhalten werden kann. Aber auch auf der anderen Seite, dass ein Teammitglied in einer Organisation, wenn sie in der Früh reinkommt in seine Aufgabe, Spaß daran hat.

Und bestmöglich, wenn das Team am Abend wieder rausgeht, mit nicht weniger Energie rausgeht, wie es reingekommen ist. Das ist so der klassische Begriff des High-Performance-Teams. Und dann natürlich musste ich mich unweigerlich mit dem Thema beschäftigen oder wollte mich beschäftigen, wo ich von Anfang an beschlossen habe, ich will, dass es den Leuten auch gut geht. Und nicht nur, dass es dem System gut geht.

Carsten Behrens

Wenn du jetzt von High-Performance-Teams sprichst oder diesem Ausgleich zwischen Herz und Kopf, dann sprichst du wahrscheinlich nicht nur dafür, dass du das fürs Qualitätsmanagement etablieren wolltest, sondern dass du das als Qualitätsmanagement fürs Unternehmen etablieren wolltest, oder? Verstehe ich das richtig?

Peter Auer

Richtig, ja.

Carsten Behrens

Und wie macht man das jetzt? Also wenn ich jetzt den Anspruch habe, ich möchte ganz gerne High-Performance fördern, aus dem Qualitätsmanagement heraus, aber eben in der gesamten Organisation. Wie geht das? Wie kann ich High-Performance-Teams fördern oder aufbauen? Was ist da so der Weg?

Peter Auer

Ich möchte mal so die Grundsätze aus meiner Erfahrung beschreiben. Das beginnt mal bei dem Ganzen, wie setze ich denn mein Team zusammen? Ich hatte natürlich in dieser gesamten Zeit recht viele Bewerbungsgespräche am Laufen. Vielleicht waren das 150, 200 und da bekommt man dann ein bisschen eine Routine rein. Und ich finde es mal elementar für ein High-Performance-Team, die Charaktere, wie das Ganze zusammengesetzt ist, diese Grundbasis muss passen.

Und da sollte man auf verschiedene Dinge achten. Da will ich jetzt nicht tiefer ausführen, da könnte man lange drüber sprechen, aber mal die Zusammensetzung des Teams ist die Grundvoraussetzung. Und dann ist es natürlich sehr wichtig, dass eine einheitliche Vision, eine klar verständliche Vision auch ans Tageslicht kommt. Die Leute müssen wissen, warum diese Vision die richtige für uns ist.

Die müssen wissen, was ist denn mein Beitrag in dieser ganzen Vision. Und dann bestmöglich natürlich auch die Aufgabe der Mitarbeiter, die soll auf die Stärken der Mitarbeiter abzielen. Die Stärken der Mitarbeiter sollen genutzt werden und die Schwächen bestmöglich außen vor gelassen werden. Man sagt so schön, es ist wichtig eine Vision zu haben und Mitarbeiter, die nicht zu der Vision gepusht werden müssen, sondern die Vision muss anziehen.

Und das sind mal zwei Faktoren, einheitliche Vision, eine verständliche Vision, plus auf die Stärken, auf die intrinsischen Motivationen der Mitarbeiter hin abgezielt. Das ist mal ein Grundsetting für das Ganze. Dann finde ich es auch sehr wichtig, dass eine gewisse Kultur, ein gewisses Klima entstehen kann. Wenn Leute in einer Gruppe zusammenarbeiten, formt sich ja eine Kultur.

Und jetzt ist es ja so, zumindest war es in Zeiten in den letzten sechs Jahren so, das ist alles sehr stark gewachsen. Die ganze Organisation um mich herum, aber auch die Organisation des Qualitätsmanagements. Jetzt kommen da alle paar Monate neue Leute. mit rein.

Und dann gibt es immer so, wenn man einen Eisberg betrachtet, dann sieht man immer so Verhaltensweisen, das ist das, was man sehen kann, wie ein Team zusammenarbeitet. Das spiegelt sich in dem, wie sie miteinander sprechen, das spiegelt sich in dem, wie das ganze Verhalten an den Tag gelegt wird, aber das fußt auf Dingen, die man nicht sehen kann. Das ist quasi dann unter der Meereslinie. Das sind die Wertvorstellungen der Leute, Überzeugungen.

Und das kann man aber für neue Leute ganz speziell, aber auch für das Team, dass es immer wieder vor Augen geführt wird, irgendwo auch in ein Leitbild skizzieren und das kann vielleicht ein Pappaufsteller sein im Büro und das verhilft einerseits dazu, dass man mal überhaupt das Leitbild auf Basis der Werte des ganzen Teams definiert, dass man sich das selbst vor Augen führt, aber auch neue Leute, neue Mitarbeiter können sich dann relativ rasch an dem Ganzen orientieren und fügen sich wieder in das Team ein und werden Teil des Teams. Ein weiterer Schritt ist natürlich eine starke Führung auch irgendwo und mit einer starken Führung meine ich, dass man die Leute motiviert, dass man Sinn vermitteln kann und Begeisterung auch vermitteln kann. Mir wurde oft gesagt, wenn ich darüber spreche, was wir machen, dann war das nicht trocken, sondern die Leute sind dann rausgegangen, ich wurde aktiv, vielleicht wird man immer nur von den positiven Dingen dann angesprochen, aber ich wurde oft aktiv darauf angesprochen, dass die gesagt haben, du lebst das mit Herzen, jetzt taugt es mir, was wir machen. Und diese Begeisterung zu vermitteln ist natürlich was, was ich als wichtig erachtet habe auf dem ganzen Weg.

Das habe ich nicht aktiv gemacht, so bin ich als Mensch vielleicht, und wurde mir aber oft gesagt, aus dem Team heraus, dass es wichtig für das Team ist. Dann natürlich eine ganz klare Kommunikation. Man muss Dinge sagen dürfen, die vielleicht nicht gut laufen. Man muss aber auch ganz klar Dinge sagen, die auch gut laufen.

Und jeder im Team muss das auch dürfen, ohne dass wer eingeschnappt ist. Also bestmöglich klare Kommunikation an den Tag zu legen. Und immer wieder unermüdlich Vision und die Richtung kommunizieren. Das war ein Learning für mich, eines der größten Learnings.

Ich habe mich natürlich Tag und Nacht, will ich nicht sagen, aber einen Großteil der Zeit mit der Strategie beschäftigt und hatte auf einer relativ hohen Flugebene immer so die Eckpunkte der Strategie. Wo stehen wir gerade, wo müssen wir hin? Jetzt ist es aber bei den Mitarbeitern in der ganzen Struktur der Organisation beschäftigt sich nicht jeder immer mit der ganzen Bandbreite. Und mir ist aufgefallen, dass obwohl ich vorausgesetzt habe, wir haben es eh letzte Woche kommuniziert, was wir machen. Drei, vier Tage später, der Mitarbeiter, der einen ganz anderen Aufgabenbereich hat, der lebt in einer ganz anderen Umwelt sozusagen und mir ist aufgefallen, es muss ganz, ganz oft, immer wieder und wieder kommuniziert werden, wo wir hin müssen, weil sonst gerät es in Vergessenheit und es ist nicht so präsent, wie ich mir das immer gedacht hätte.

Carsten Behrens

Ja, das erlebe ich auch immer wieder, genau. Unterscheidest du grundsätzlich zwischen dem, was du jetzt gerade Strategie genannt hast, und Qualitätsstrategie? Ist das für dich eins oder unterscheidest du das explizit? Also du hast gerade von Strategie gesprochen, dass du stark involviert warst. Meinst du damit in erster Linie die Qualitätsstrategie oder die Unternehmensstrategie oder unterscheidest du das gar nicht?

Peter Auer

Doch, ich unterscheide schon. Ich war in beiden natürlich sehr stark involviert. Während die Geschäftsführung mit dem Board die Unternehmensstrategie ausgearbeitet hat, ist es ja dann in weiterer Folge, wurden wir ja auch mit einbezogen und dann war mein Fokus schon mehr auf die Qualitätsstrategie, aber ich habe schon unterschieden. Also ich habe mich natürlich gefragt, wenn eine Unternehmensstrategie da ist, was ist der Anteil, den das Qualitätsmanagement dazu leisten muss, um die Strategie bestmöglich in allen Bereichen oder in den meisten Bereichen zu unterstützen.

Carsten Behrens

Ja, finde ich sehr gut. Das heißt, du glaubst sehr stark an die Kraft eines Zielbildes, einer Vision, eines Leitbildes von von Werten und dass man eben die richtigen Leute einstellt und die Rollen sozusagen ideal designt auch für die Person, dass das einen idealen Deckungsgrad hat zwischen dem, was die Person machen möchte, wo sie fähig ist und dem, was sie nachher tun soll. Jetzt stellt sich mir die vielleicht etwas ketzerische Frage, braucht es dann noch überhaupt noch Formalstruktur oder reicht es, sie so sozusagen anzuspitzen, die Menschen, und dann werden sie schon das Wege finden, wie sie zum Ziel kommen. Braucht es dann noch Formalstruktur?

Peter Auer

Ich finde, dass ich das nicht ganz mit schwarz oder weiß beantworten kann, sondern eher mit einem Graubereich, während die Formalstruktur ja eher so gewisse Grundvorgaben liefert für die Zusammenarbeit. Es gibt ja diese informale Struktur, die passiert so und anders. Das liegt Gott sei Dank in der Natur des Menschen, es bilden sich dann Gruppen im Unternehmen, auch wenn vielleicht in irgendeinem Prozess, der zur formalen Struktur gehört, drinnen steht, dass Person A mit Person B in diesem Fall kommunizieren muss. Kann es aber gut sein, dass Person A mit Person C kommunizieren wird, weil Person A mit Person B vielleicht nicht gut zu sprechen ist.

Und das heißt, informale Struktur entsteht so und anders und auf die Frage, ob es eine formale Struktur braucht, ich finde eine gute Mischung richtig, denn die formalen Strukturen verhelfen nicht nur neuen Mitarbeitern, sondern auch bestehenden Mitarbeitern und dem Unternehmen, die Lessons learned irgendwo niederzuschreiben und Dinge effizient ablaufen zu lassen. Natürlich darf die formale Struktur nicht überdimensioniert sein. Ich habe auch schon Dinge gesehen, wo die formale Struktur sehr stark behindert, im Daily Business. Wenn aber die formale Struktur auch wieder bestmöglich wie eine Strategie mit den Menschen ausgearbeitet wurde und nicht nur von oben quasi diktiert wird, wo jeder quasi seinen Senf dazugeben kann und sagen kann, hey, das ist meine Erfahrung.

Vielleicht vom Werkzeugbauer, der hat eine Erfahrung, die mir im Prozess hilft. Natürlich hat auch eine Führungskraft irgendwo gute Ideen. Und wenn die formale Struktur auf Basis des Kollektivs entsteht, dann ist sie akzeptiert und sinnvoll im Normalfall, schafft Effizienz und man kann sich gut anlehnen an diese Struktur. Und die informale Struktur kann ein sehr positives Betriebsklima schaffen.

Also ich bin der Meinung, wenn man diese zwei Dinge in einer guten Dosis übereinanderlegt, kann man die besten Ergebnisse erzielen.

Carsten Behrens

Ja, das passt, deckt sich mit meiner Erfahrung. Jetzt hattest du ja bei Bora den Luxus, dass du das Qualitätsmanagement relativ frei positionieren konntest. Du durftest sagen, was für dich Qualitätsmanagement ist und wie du es positionieren würdest. Jetzt ist das natürlich nicht bei jedem Unternehmen gleich.

Es gibt welche, die haben stark formale Anforderungen von außen, Bora vielleicht ein bisschen weniger. Ich weiß es nicht ganz genau. Aber beschreib mal so ein bisschen, wie du das Qualitätsmanagement positionieren würdest. Es klingt ja schon sehr stark raus, dass es für dich eine sehr stark führungsunterstützende Aufgabe ist, also die ganz nah an der Geschäftsführung, am Vorstand ist und eben Richtung und Purpose sozusagen mitprägt und die Kommunikation ins Team stark fördert von diesem Purpose und von den Werten, vom Leitbild.

Aber vielleicht magst du es nochmal aus mehreren Sichten betrachten, wie du Qualitätsmanagement gerne positionieren würdest. Auch so in Richtung Qualitätssicherung, Richtung Changemanagement, Richtung Inhouse-Consultant, als Stabstelle, also so aus unterschiedlichen Perspektiven vielleicht mal betrachtet, wie würdest du Qualitätsministerium, und wie hast du es dann auch letztendlich gemacht, positionieren, damit es wirklich wirksam wird und das Unternehmen nach vorne bringt?

Peter Auer

Ja, ich habe mir vor vielen Jahren genau diese Frage natürlich gestellt und habe recht lange Zeit mit mir und Büchern und verschiedenen Informationsquellen mit Leuten, die ich kenne, die lange Erfahrungen in dem Ganzen haben, gesprochen. Und wenn ich heute darauf antworte, Dann kann ich sagen, ich habe ganz zu Beginn meiner beruflichen Karriere in einer kleinen Firma gearbeitet mit 30 Mitarbeitern, die im Stubai drinnen steht und da würde ich das Qualitätsmanagement ganz anders positionieren wie jetzt zum Beispiel bei einem deutschen Großkonzern oder bei einem Mittelständler. Für mich ist immer wichtig, dass das Qualitätsmanagement hoch effektiv ist. Und demzufolge sollte man es auch positionieren.

Und wenn ich jetzt mal so in den Raum werfe, es gibt kleine Unternehmen, die ticken seit 30 Jahren gleich. Die haben vielleicht noch kein Qualitätsmanagement. Und wenn da jetzt wer daherkommt und sagt so, wir machen jetzt eine Stabsstelle auf, der hängt da direkt an der Geschäftsführung, dann kann das bei den anderen Mitarbeitern im Umkehrschluss wieder dazu führen, dass keine Akzeptanz für das QM da ist. Um auf deine Frage zu antworten, wie es bei Bora sich entwickelt hat.

Und das war keineswegs so, dass ich einfach jetzt kommen konnte und sagen konnte, ja, das muss jetzt so sein und das wurde geschluckt. Da haben natürlich auch viele Gespräche stattgefunden, da wurde abgewiegt, was macht am meisten Sinn und mein Ziel war es immer, effektiv aufgestellt zu sein für das Unternehmen. Und Bora ist ein Unternehmen mit einigen hundert Mitarbeitern, Und da würde ich immer empfehlen, wenn der Qualitätsanspruch, weil um das geht es ja auch immer, was will das Unternehmen mit dem QM erreichen? Will es vielleicht nur erreichen, dass es die Auditierung aufrechterhalten kann, beziehungsweise das TÜV-Zertifikat? Oder ist es ein Unternehmen im Premiumsektor, das ganz klar sagt, wir müssen eine Produktfehlerquote unter zwei Prozent haben. Das sind alles so Rahmenfaktoren für die korrekte Positionierung des Qualitätsmanagements.

Bei Bora war es angedacht als Bereich, weil ich ganz einfach finde, eine Stabstelle, wie man das oft sieht, finde ich, hat oft nicht den Einfluss wie ein eigener Bereich. Wenn dann vier oder fünf Bereiche nebeneinander stehen und die vier oder fünf Bereiche irgendwas beschließen und das QM ist eine Stabstelle, dann ist das nicht involviert im Normalfall in diese Beschlüsse. Wenn es in einem ganz hochgradig qualitätsrelevanten Umfeld basiert, bei einer gewissen Größe des Unternehmens, vielleicht auch 350 Mitarbeiter aufrecht, würde ich es als Bereich installieren und sonst würde ich immer schauen, wie passt es am besten rein, dass es Akzeptanz erfährt, weil mit dem steht und fällt die Effektivität des Systems.

Carsten Behrens

Ja, das macht Sinn. Vielleicht kurz zur Einordnung der Qualitätssicherung. Würdest du die im direkten Umfeld des Qualitätsmanagements sehen oder wie würdest du die dazu positionieren?

Peter Auer

Mein letzter Schluss in diesem System, das ich verantwortet habe, war, dass es direkt im Qualitätsmanagement drinnen gehängt ist. Aber sprichst du jetzt auch Qualitätssicherung in der Produktionsumgebung?

Carsten Behrens

Ja, ein bisschen zu der Messtechnik und genau.

Peter Auer

Genau, da war ich eigentlich gerade dabei umzudenken und das Ganze in die Produktionsumgebung zu implementieren. Das heißt, dass es fachlich angesteuert wird vom QM, aber dass es disziplinarisch angesteuert wird von der Produktion und dass zum Schluss auch die Produktionsleitung den Hut auf hat und sagen kann, sie overruled jetzt seine Entscheidung, wenn was gespart ist oder nicht. Ganz einfach aus dem Grund, also ich habe mich da ja auch weiterentwickelt und man musste das ganze System auch immer weiterentwickeln. Und da hätte ich es mittelfristig nicht mehr gut gefunden oder nicht mehr die beste Lösung des QM, die Qualitätssicherung besser gesagt, im QM zu halten, sondern in die Produktion mit reinzusetzen, wo eben disziplinarisch und letzte Entscheidung beim Produktionsleiter liegt, aber die fachlichen Vorgaben wiederum in Abstimmung mit der Produktion aus dem QM kommen.

Würde einfach aus meiner Sicht zu mehr Akzeptanz führen, weil sonst ist es immer so wie Räuber und Gendarm, da kommt der Qualitätsmitarbeiter als Polizist in die Produktion, aber der muss Teil der Produktion sein. Und im besten Fall ist jeder Produktionsmitarbeiter zu einer gewissen Nuance Qualitätsmitarbeiter.

Carsten Behrens

Ganz genau. Nee, finde ich super. Das ist jetzt so eine Entwicklung, die du jetzt gerade beschreibst, die du jetzt angestoßen hast oder hättest. Und was siehst du insgesamt für eine Entwicklung im Qualitätsmanagement? Siehst du einen Trend, der sich zunehmend durchsetzt, wo du sagst, das ist eine Entwicklung, die du ganz interessiert beobachtest und vielleicht sogar sehr gut findest. Also ist es zum Beispiel vielleicht so, dass das Thema Menschzentrierung und Humanzentrierung, dass das an Bedeutung gewinnt, auch deinem Eindruck nach, im Markt? Oder wie schätzt du das ein? Wie verändert sich das Qualitätsmanagement im Moment?

Peter Auer

Ja, wenn ich das so über die letzten 20 Jahre, da habe ich gestartet im Qualitätsmanagement, bis heute reflektiere, dann habe ich den Eindruck, dass es früher ganz stark um die Auditierung gegangen ist von Systemen und um die Pflege des Qualitätssystems. Und es war ganz stark der Fokus auf die Produktqualität. Ich habe den Eindruck, dass in den letzten Jahren zunehmend die Management-Eigenschaften von Qualitätssystemen im Unternehmen gesamtheitlich eine Rolle spielen. Und vor allem auch, es ist in diesem Qualitätsgenre ganz oft anzutreffen, so ein schwarz oder weiß denken.

Wenn irgendwelche Bauteile bemustert werden und es gibt eine gewisse Toleranz und man überschreitet oder unterschreitet diese, dann leuchtet die rote Ampel. Wenn in einem Audit ein gewisser Erfüllungsgrad nicht erreicht wird, dann leuchtet die rote Ampel. Und das hat einerseits gibt es natürlich Bewegungen, warum das so entstanden ist. Aber ich glaube, es passiert im Markt ganz stark gerade, dass man ein bisschen von dem Schwarz-Weiß-Denken loskommt, weil das ist einerseits oft nicht sozial verträglich und zum anderen bildet das nicht immer die Hauptinteressen des Unternehmens als Gesamtes ab.

Und ich finde, dass da ein bisschen mehr Zug von der Kette genommen wird, hinsichtlich dieser scharfen Abgrenzung. Und dass die Unternehmen mittlerweile sehen, dass nicht eine Qualitätsabteilung die Qualität im Unternehmen macht, sondern dass die eher das Unternehmen befähigen, Qualität zu machen. Und diese harte Abgrenzung zum QM-Bereich nicht mehr gegeben ist, sondern das verschwimmt mehr.

Carsten Behrens

Ja, das kann ich bestätigen. Und ich finde den Gedanken ganz gut, den du gerade beschreibst, dieses, dass nicht mehr so viel oder immer weniger schwarz-weiß gedacht wird. Ich glaube, das ist auch echt wichtig und hilfreich, weil auch ein Fehler, was im ersten Moment vielleicht wie ein Fehler wirkt, durchaus so sein kann, dass es überhaupt keinen relevanten Impact auf das Unternehmen oder auf den Kunden hat. Und dann sagt man, okay, es ist in Ordnung. Und manchmal ist es halt so, dass die Graustufen deutlich humaner sind als das 1.0, was eher aus der digitalen Welt kommt. Nee, das kann ich gut nachvollziehen.

Jetzt ist es dir und in deiner Umgebung ja extrem gut gelungen, Qualitätsmanagement sehr wirksam zu platzieren und wirklich zu einer starken Begeisterung zu führen und wirklich auch das gesamte Team, also das gesamte Bora mitzunehmen auf dieser Reise und wirklich zu, dass sie dafür brennen. Jetzt stehen viele QMler, die uns wahrscheinlich hier zuhören, ja ganz am Anfang dieser Reise und fragen sich, wie fange ich da jetzt an, beziehungsweise was ist jetzt so der größte Stellhebel, den ich jetzt morgen sozusagen tun könnte, um in die Richtung zu kommen.

Was würdest du sagen, was ist der größte Stellhebel, was ich morgen anders tun kann als Qualitätsmanager, um wirklich zum wirksamen Qualitätsmanager zu kommen, mit einer starken Wertschätzung, und in diesen High-Performance-Team-Gedanken reinzukommen?

Peter Auer

Ja, würde ich im ersten Schritt genau auf das wieder eingehen, was ich vorher schon gesagt habe. Ich muss erkennen oder ich sollte erkennen als jemand, der im QM arbeitet, dass ich auch ein Teil des ganzen Unternehmens bin und da nicht abgegrenzt bin und als Polizist zu den Leuten hinkomme, sondern ich muss erkennen, dass ich die anderen Leute dazu befähige oder das QM die anderen Leute dazu befähigt, Qualität zu machen. Und das bedeutet im Umkehrschluss ein Umdenken, nämlich der der mir gegenüber steht oder die, die mir gegenüber steht, das ist auch eine QMlerin oder ein QMler im Unternehmen. Und es ist nicht so, dass jemand, der an der Maschine arbeitet oder jemand, der im Einkauf arbeitet, jemand ist, dem ich QM beibringen muss, sondern das ist eigentlich mein QMler, mit dem ich ein gemeinsames Verständnis schaffen soll, wie bestmöglich er seine Aufgaben nach Qualitätsmaßstäben ausrichten kann.

Ich habe am Anfang die ersten Jahre im QM anders gedacht. Ich glaube, das liegt in der Natur der Sache. Das sind wirklich so Dinge, die bekommt man halt dann, wenn man reflektiert, über Jahre mit. Das kann ich empfehlen, von Anfang an zu sehen, dass jeder im Unternehmen eigentlich ein Qualitätsmitarbeiter ist, den ich nutzen kann, um im Unternehmen des Qualitätsmanagements gut zu leben.

Und vor allem, dass nicht ich als Qualitätsmitarbeiter immer weiß, was der zu tun hat, oder zu machen hat für die Qualität, sondern ich mir bei dem abholen kann durch gezielte, offene Fragen. Was sind denn die Probleme in deiner Arbeit? Und dann nutze ich sein Wissen, um seinen Bereich qualitativ zu erhöhen und er oder sie ist mein Qualitätsmitarbeiter und nicht ich bin ein Bereich QM und bin abgegrenzt von den anderen.

Carsten Behrens

Spannend. Also letztendlich fange an dir selbst an, deine eigene Haltung zu hinterfragen und zu überlegen, wie begegne ich anderen Menschen, mit denen ich eigentlich zusammenarbeiten möchte. Das finde ich einen sehr guten Hinweis und hoffe, dass das so für den einen oder anderen Zuhörer genauso eins zu eins umsetzbar ist. Ganz herzlichen Dank für den kleinen Austausch.

Schön, dass wir die Chance hatten, uns ein bisschen dazu auszutauschen. Ganz herzlichen Dank dafür.

Peter Auer

Danke für die Einladung, Carsten.

Carsten Behrens

Gerne. Ja, vielen Dank, dass ihr heute mit dabei wart. Ich hoffe, ihr konntet etwas mitnehmen für euren Alltag, was ihr morgen schon anders umsetzen wollt, als ihr es bisher gemacht habt. Und wir freuen uns natürlich über ein Like, über Kommentare oder auch, wenn ihr unseren Kanal abonniert.

Bis zum nächsten Mal.

Ihre Frage an Carsten

Reach out to request a blog post, submit a guest post, or with any other inquiry you might have.

Modell Aachen Insights

Seit 2009 steht die Modell Aachen GmbH für Interaktive Managementsysteme auf Basis der Wiki-Technologie. Mit Software und Managementberatung begleiten wir unsere Kunden auf dem Weg zu prozessorientierter Unternehmensführung sowie leichtgewichtigem Wissensmanagement. Mit unserem Modell Aachen Insights Blog teilen wir unser Wissen rund um die Themen Interaktive Managementsysteme, Prozessmanagement und Qualitätsmanagement mit euch.

Modell Aachen kennenlernen
Desktop and Mobile illustration

Ähnliche Beiträge