Sie ist die treue Begleiterin eines jeden QMlers: Die Rede ist natürlich von der ISO 9001. Im Herbst 2026 bekommt die Qualitätsmanagementnorm nach über 10 Jahren wieder einen frischen Anstrich. Die einen blicken ihr besorgt entgegen, die anderen erwarten Großes – aber was ändert sich mit der neuen Revision wirklich? Werfen wir gemeinsam einen Blick auf den neuen Entwurf der ISO 9001 und darauf, ob und wie ihr neuer Lebensabschnitt die QM-Welt verändern wird.
Ein QM-System, das nur für den Auditor existiert, kostet Zeit und Nerven – darüber sind sich wohl alle einig. Die Revision 2015 hatte die Weichen diesbezüglich schon sinnvoll gestellt: weg vom Abteilungsdenken, hin zu Ende-zu-Ende-Prozessen. Risiken und Chancen sollten nicht länger Bauchgefühl sein und mit dem Thema Wissensmanagement kam endlich die Erkenntnis, dass Know-how eine wertvolle Ressource ist.
In der Praxis war von alldem jedoch allzu oft nichts zu spüren. QM schrieb, die Fachbereiche lebten – und dazwischen entstand eine Lücke. Das Ergebnis: ein System, das formal konform war, aber null wirksam. Die anstehende Revision 2026 bietet nun die Steilvorlage, das System wirklich neu zu denken: weg vom Ordner, hin zur täglichen Arbeitshilfe, zu schnelleren Abläufen, stabileren Prozessen, weniger Ausschuss und sichereren Lieferketten. Wird die ISO 9001:2026 diesen Wunschvorstellungen gerecht?
Eine sichere Antwort auf diese Frage bekommen wir wohl erst im Herbst 2026, wenn die neue Revision der Norm veröffentlicht wird. Doch im aktuellen Entwurf, der ISO/DIS 9001:2025, zeichnen sich schon eindeutige Trends ab; die weiteren Anpassungen werden erfahrungsgemäß mehr redaktionell als revolutionär sein. Struktur, Harmonisierungs-Ansatz sowie der grundsätzliche Anwendungsbereich bleiben erhalten. Die wichtigsten Unterschiede zur aktuellen Revision haben wir euch kurz zusammengefasst und mit Handlungsempfehlungen angereichert:
Themen wie Klimawandel sind schon teilweise über Amendments eingebracht worden und sollen nun stärker in den Standard integriert werden, z. B. in Kontext bzw. externe Einflüsse.
Prüft, inwieweit ihr Umwelt- und Klimafaktoren schon heute in der Kontextanalyse, Risikoanalyse etc. berücksichtigt.
Die Qualitätspolitik soll zukünftig mit dem Kontext der Organisation sowie den Zielen und Strategien in Einklang stehen.
Es wird zur ausdrücklichen Chefsache, Qualitätskultur und ethisches Verhalten zu fördern. Eine explizit benannte Person soll Verbesserungen gegenüber der obersten Leitung berichten.
Überprüft, wie Führung und Kultur derzeit im Unternehmen verankert sind und plant Schulungen zum ethischen Verhalten sowie Maßnahmen, die eure Kultur aktiv fördern.
Risiko- und Chancenmanagement inklusive Maßnahmen und deren Wirksamkeitsbewertung müssen klar getrennt betrachtet und dokumentiert werden.
Überarbeitet eure Risiko- und Chancenprozesse und passt ggf. eure Verantwortlichkeiten, Methoden und Dokumentation an.
Die Qualitätskultur wird offiziell Teil des Bewusstseins der Mitarbeiter. Darin sollen konkretere soziale, psychologische und physische Faktoren verankert sein, z. B. auch Burnout-Prävention.
Prüft, inwieweit die genannten Punkte in euren Unternehmenswerten, Verhaltenskodizes etc. verankert sind und entwickelt Programme für Awareness und Kulturentwicklung.
Kriterien für die Annahme von Produkten und Dienstleistungen sollen bereits im Planungsabschnitt festgelegt werden. Zu den Prozessnachweisen kommen dokumentierte Informationen für den Nachweis der Produkt- und Dienstleistungskonformität hinzu.
Überprüft eure bestehenden Prozesse zur Änderungskontrolle auf Vollständigkeit und Wirksamkeit im Sinne der bestehenden Anforderungen; passt sie ggf. an.
Ein neuer Fokus auf Widerstandsfähigkeit gegenüber externen Störungen sowie Planung und Monitoring dafür kommt hinzu.
Die Kundenkommunikation schließt Informationen zu Notfallmaßnahmen und eventuellen Störungen ein.
Prüft eure strategische Planung und führt Szenario-Analysen zu störenden Einflüssen durch. Definiert Maßnahmen und Prozesse zur Resilienz.
Maßnahmen zur fortlaufenden Verbesserung müssen mindestens Prozess-, Produkt- und Dienstleistungsverbesserung umfassen. Neue Technologien sollen gezielt eingesetzt werden, um Verbesserungspotenziale und tatsächliche Verbesserungen sichtbar zu machen.
Prüft eure bestehenden Korrektur- und Verbesserungsprozesse und ergänzt sie um neue Beispiele und größere Änderungen.
Für diejenigen, die der ISO 9001:2026 besorgt entgegenblicken, gibt es Entwarnung. Denn für die meisten Organisationen – insbesondere mit Managementsystemen, die bereits ISO 9001-konform sind – hat die Revision nur geringe bis moderate Auswirkungen. Sie zielt vielmehr darauf ab, die Qualitätsmanagementnorm an die harmonisierte Struktur anzugleichen, anstatt auf zusätzliche prüfrelevante Forderungen. Dazu kommen nach der Umstellung noch lange Fristen zur Umsetzung und Etablierung innerhalb der eigenen Organisation. Zurzeit also die beste Empfehlung: keine Panik.
Doch auch die Hoffnung auf eine Veränderung im Qualitätsmanagement ist nicht völlig unberechtigt. Denn nichtsdestotrotz bietet die ISO 9001:2026 die Chance, vieles zu überdenken, zu entschlacken, zu vereinfachen und aufeinander abzustimmen. Insbesondere Gedanken zur Unternehmenskultur und Ethik finden nun auch Platz in der neuen Revision.
Die ISO 9001:2026 ist also weder Quantensprung noch kalter Kaffee – sie ist das, was ihr in der Praxis daraus macht.
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