Wie man Rollen prozessorientiert beschreibt

Sven Schneider

Von

Sven Schneider

Veröffentlicht am

30.5.2023

Wie man Rollen prozessorientiert beschreibt

Prozess- und Rollenmanagement sind eng miteinander verbunden – in der unternehmerischen Praxis werden die beiden Disziplinen jedoch selten gemeinsam betrachtet. Zudem existieren mit AKV und VMI zwei Konzepte, die an der Schnittstelle zwischen beiden Disziplinen angesiedelt sind. Im zweiten Teil unserer Fachreihe “Prozessmanagement und Rollen” beleuchten wir beide Konzepte und erklären, wieso Rollen möglichst prozessorientiert beschrieben werden sollten.

AKV + VMI = Tätigkeiten und Rollen aus verschiedenen Perspektiven verknüpfen

Sowohl AKV als auch VMI verknüpfen Tätigkeiten und Rollen miteinander – also das, was zu tun ist, mit dem, der es tut. Doch das Vorgehen beider Methoden unterscheidet sich voneinander: Die AKV-Logik setzt bei der Rolle an und ordnet ihr Tätigkeiten zu; die VMI-Logik geht von der Tätigkeit aus und ordnet ihr die Rollen zu.

Bei der (ersten) Beschreibung von Tätigkeiten liefern beide Logiken wichtige Impulse aus unterschiedlichen Perspektiven:

• Die AKV-Logik geht von den Fragen aus: Welche Tätigkeiten führt die Rolle aus? Welche Befugnisse hat die Rolle? Für welches Ergebnis ist die Rolle rechenschaftspflichtig?

• Die VMI-Logik geht von den Fragen aus: Wer verantwortet den Prozessschritt? Wer wirkt bei der Durchführung mit? Und wer sollte darüber informiert werden?

Da die Logiken unterschiedliche Fragen fokussieren, lohnt es sich bei der Prozesserstellung beide gleichermaßen zu berücksichtigen.

Rollen beschreiben mit einer AKV-Matrix

Um Rollen zu beschreiben, wird häufig eine AKV-Matrix verwendet. Das Akronym AKV steht für Aufgaben, Kompetenzen, Verantwortung. Wie sind diese Elemente zu verstehen?

Aufgaben sind die wiederkehrenden Tätigkeiten, die eine Rolle ausführt. Unter Kompetenzen können hingegen zwei verschiedene Dinge verstanden werden. Zum einen kann die Frage nach den Kompetenzen einer Rolle auf deren Befugnisse abzielen. Zum anderen können mit Kompetenzen die Fähigkeiten gemeint sein, die ein Rolleninhaber mitbringen muss, um der Rolle gerecht zu werden.

Kompetenz als Fähigkeit oder Befugnis

Auf Kompetenzen als Fähigkeiten trifft man häufig in Stellenausschreibungen. In diesen wird nicht nur beschrieben, was die Person alles tut und welchen Bereich sie verantwortet, sondern eben auch, was sie dafür können sollte.

Diese Art der Beschreibung von Kompetenzen neigt dazu, in Form einer umformulierten Aufgabenliste daherzukommen. Das lässt sich am Beispiel der Rolle des Busfahrers verdeutlichen: Um seine Aufgabe erfüllen zu können, muss der Busfahrer in der Lage sein, einen Bus zu fahren. Das Beispiel zeigt, dass das Verständnis von Kompetenzen als Fähigkeiten nur dann einen Mehrwert bietet, wenn die Fähigkeiten an messbare Kriterien gekoppelt werden. In diesem Beispiel könnte das ein entsprechender Führerschein sein.

Für den Arbeitsalltag hat die Beschreibung von Kompetenzen als Befugnisse einen klaren Vorteil: Sie macht deutlich, welche Entscheidungen ein Rolleninhaber treffen darf. Im Idealfall befähigen klare Befugnisse eine Rolle dazu, die Ziele zu erreichen, die in ihrer Verantwortung liegen.

Verantwortung und Befugnis müssen zusammenpassen

Die Befugnisse einer Rolle müssen immer zu ihren Verantwortlichkeiten passen. Stellen wir uns die Rolle des Personalentwicklers vor, die für die Qualifizierung von Mitarbeitern verantwortlich ist. Verfügt sie nicht über die Befugnis, Mitarbeiter zu Qualifizierungsmaßnahmen anzumelden und die notwendigen Mittel zu verausgaben, kann sie ihrer formellen Verantwortung in der Realität niemals gerecht werden.

Zuständigkeiten definieren mit einer VMI-Matrix

Ein weiteres wichtiges Konzept ist das der VMI-Matrix. Das Akronym VMI steht für verantwortlich, mitwirkend und zu informieren. Im Englischen wird auch von RSI – kurz für responsibilities, support, information – gesprochen.

VMI in Projekt- und Prozessmanagement

Insbesondere im Projektmanagement dient die VMI-Matrix dazu, Verantwortlichkeiten für einzelne Arbeitspakete und Aufgaben klar zuzuordnen. Idealerweise wird die VMI-Matrix im Projektverlauf kontinuierlich aktualisiert, sodass bei allen Projektbeteiligten stetig Klarheit darüber herrscht, wer für welche Aufgaben verantwortlich ist. Ein ähnliches Ziel wird mit der Nutzung des VMI-Konzeptes im Rahmen von Prozessmanagement verfolgt. Allerdings wird VMI im Kontext von Prozessmanagement selten bewusst als Werkzeug angewendet; implizit kommt es aber häufig zum Einsatz.

Zur Erinnerung: Die wechselnde Verantwortlichkeit zur Durchführung einzelner Prozessschritte ist eine wesentliche Kerneigenschaft von Prozessen. Neben dieser Verantwortlichkeit (V) wird der Beschreibung von Prozessschritten häufig die Information mitgegeben, wer an der Durchführung des Prozessschritts mitwirkt (M) und idealerweise auch, wer über die Durchführung zu informieren ist (I). Gerade diese – oft vernachlässigten – Informationen sind es, die einen reibungslosen Prozessablauf über alle Schnittstellen hinweg ermöglichen.

VMI beschreibt also sowohl im Projekt- als auch im Prozessmanagement eine Art der Involviertheit, die klar zu erkennen gibt, wer für eine Aufgabe verantwortlich ist, wer mitwirkt und wer zu informieren ist.

Alle Rollen tragen gleichermaßen zum Erfolg bei

Ob eine Person verantwortlich, mitwirkend oder zu informieren ist, sagt nichts darüber aus, wie wichtig die Rolle für den Prozess ist. Ein weiteres Beispiel zur Verdeutlichung: In einem Produktionsbetrieb hat der verantwortliche Produktionsmitarbeiter die bestellten Teile gemäß Prozessbeschreibung hergestellt und auf dem vorgesehenen Lagerplatz abgelegt. Dort liegen sie nun, zuerst einen Tag, dann zwei Tage, dann fünf Tage – denn niemand hat die Logistik informiert.

Ein erfolgreich durchgeführter Prozessschritt führt also nicht zwingend dazu, dass der gesamte Prozess erfolgreich ist – insbesondere bei Prozessen, die nur selten durchgeführt werden und die nicht automatisiert sind. Damit die Durchführung eines solchen Prozesses gelingt, muss der Verantwortliche des Folgeschritts aktiv über die Umsetzung des vorherigen Prozessschritts informiert werden.

Als Faustregel gilt: Je wichtiger es ist, dass jemand über die Durchführung eines Prozessschritts informiert wird und je weniger automatisiert eine solche Benachrichtigung erfolgt, desto klarer sollte dies in der Prozessbeschreibung dokumentiert sein. Das kann sogar so weit gehen, dass das Informieren einer anderen Rolle als separater Prozessschritt aufgeführt wird.

Aufgabenlisten eignen sich nicht als Rollenbeschreibungen

In der Praxis setzen manche Organisationen viel Energie und Ressourcen ein, um Rollen zu beschreiben. Wenn dann trotzdem noch Unklarheiten bei Mitarbeitern herrschen, ist die Verwunderung groß: Wer ist nun für was genau verantwortlich und wieso liegen die produzierten Teile wieder Tage lang auf dem Hof, ohne dass jemand aus der Logistik informiert wurde? Wie konnte das passieren, wo die Aufgaben und Verantwortlichkeiten doch ganz klar in den Rollenbeschreibungen zu finden sind?

Der Grund hierfür ist oft eine mangelnde Prozessorientierung in Rollenbeschreibungen. In diesen werden zwar diverse Aufgaben gesammelt. Doch diese Aufgaben stehen in keinem nachvollziehbaren Zusammenhang zu Aufgaben anderer Rollen. Anstatt der Rollenbeschreibung wurde eine entkontextualisierte Aufgabenliste erstellt, die nicht klar festlegt, in welchen Prozessen genau welche Schritte durchzuführen und welche Rollen darüber zu informieren sind.

6 Schritte zur prozessorientierten Rollenbeschreibung

Um die Transparenz über Zusammenhänge von Aufgaben auch innerhalb von Rollenbeschreibungen zu gewährleisten, sollten Aufgaben möglichst prozessorientiert beschrieben werden. Da Prozessbeschreibungen eine Vielzahl an Tätigkeiten enthalten, die auch in Rollenbeschreibungen aufgeführt werden, bietet sich in der Praxis folgendes Vorgehen an, um Rollen zu erfassen:

1) Aufschreiben, was getan wird

2) Tätigkeiten in die richtige Reihenfolge bringen

3) Verantwortlichkeiten zuweisen

4) Art der Involviertheit bestimmen, also wer mitwirkend oder zu informieren ist

5) Optional: das Informieren bestimmter Rollen als eigenständigen Prozessschritt aufnehmen

6) Für relevante Rollen eine eigene Rollenbeschreibung erstellen

Durch dieses Vorgehen entstehen Rollenbeschreibungen, die eng an die alltäglichen Tätigkeiten der Rolleninhaber angelehnt sind. Rollen- und Prozessbeschreibungen rücken näher zusammen und sorgen für klare Aufgaben und Verantwortlichkeiten.

Eine wesentliche Herausforderung liegt darin zu erkennen, ob das Erstellen einer separaten Rollenbeschreibung notwendig ist. Hierbei kann es helfen, sich zu fragen, ob die Rolle mit bestimmten Befugnissen ausgestattet sein muss, die nicht im Prozess ersichtlich sind. Bei technischen Rollen sind Berechtigungen und Befugnisse oft wesentlicher Bestandteil des Rollentitels.

Prozesse und Rollen regelmäßig abgleichen

Prozesse und Rollen verändern sich mit der Zeit. Neue Prozessschritte kommen hinzu, andere verschwinden, die Art der Durchführung eines Prozessschritts ändert sich. Rolleninhaber erhalten neue Aufgaben, andere Aufgaben wechseln die Verantwortlichkeit.

Rollen von Beginn an prozessorientiert zu beschreiben, hilft dabei, Widersprüchlichkeiten zu vermeiden – insbesondere in der Aufgabenbeschreibung. Darüber hinaus sollten Rollenbeschreibungen und Prozessbeschreibungen fortlaufend miteinander abgeglichen werden. Nur so lässt sich verhindern, dass sich mit der Zeit widersprüchliche Aufgabenbeschreibungen und Verantwortlichkeiten entwickeln – und Mitarbeiter sich entscheiden müssen, ob sie sich entweder an die Rollenbeschreibung oder an die Prozessbeschreibung halten.
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Teil I hier lesen >> Welche Rollen es im Prozessmanagement gibt und warum sie so wichtig sind

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